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„Musik aus dem Archiv“

Das von Heinrich Simbriger (1903-1976) begründete Musikarchiv der Künstlergilde e.V. in Regensburg stellt eine der bedeutendsten Sammlungen von Werken von Komponisten aus den ehemals deutsch geprägten Kulturlandschaften in Mittel- und Osteuropa dar. Das Archiv ist heute als Depositum im Sudetendeutschen Musikinstitut (Träger: Bezirk Oberpfalz) in Regensburg untergebracht. „Musik im Archiv“ – so nannte der spätere Kurator des Musikarchiv der Künstlergilde Thomas Stolle (1950-2000) eine Konzertreihe, in der von 1987 bis 1995 zahlreiche Schätze aus diesem Archiv der musikalischen Öffentlichkeit vorgestellt wurden. „Musik aus dem Archiv“ lautet der Titel einer Notenreihe, die seit 2014 im Laurentius-Musikverlag (Frankfurt a.M.) erscheint. Diese Serie mit Erstausgaben aus dem Musikarchiv der Künstlergilde wird vom Sudetendeutschen Musikinstitut und der Heinrich-Simbriger-Stiftung herausgegeben; die editorische Betreuung liegt in den Händen des Regensburger Musikwissenschaftlers Thomas Emmerig. 18 Bände sind bereits erschienen (siehe die Übersicht am Ende des Beitrags).

Zwei in der Reihe prominent vertretene Komponisten seien hier vorgestellt.

Hans-Georg Burghardt

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Hans-Georg Burghardt (© Thomas Emmerig / Simbriger-Stiftung)

Hans-Georg Burghardt (1909-1993) war in den 1930-er Jahren weit über Breslau hinaus als Komponist und Pianist bekannt. Nach dem Verlust eines Großteiles seines Werkes bei der Vertreibung aus Breslau am Ende des Krieges fand er 1945 in Halle einen beruflichen Neubeginn. 1952 begann er für zwölf Jahre eine Tätigkeit als Dozent für Komposition und Klavierspiel an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und ab 1964 dann an der Martin-Luther-Universität Halle. Außer seiner Lehrtätigkeit trat er selbst in zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen solistisch und als Begleiter mit eigenen Kompositionen am Flügel auf. Sein besonderes Interesse galt der Suche nach einem neuen und erweiterten Tonsystem. In verschiedenen Veröffentlichungen entwickelte er seine Ideen zur „Umwandlung des Terzbedingten Dur-Moll-Systems“ in ein erweitertes „Sekundsystem“, das einer freien melodischen Entwicklung entgegen kommt und das er in seinen Werken kompositorisch umsetzte. In der Reihe „Musik aus dem Archiv“ sind bislang die Cellosonate op. 53 und eine zweibändige Gesamtausgabe seiner Klaviersonaten erschienen.

Hans Feiertag

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Hans Feiertag (© Laurentius Musikverlag)

Hans Feiertag (1911-1943) wuchs im nordböhmischen Komotau auf und studierte in Wien u.a. Harmonielehre und Komposition bei Max Springer, kurze Zeit auch mit Formenlehre bei Anton von Webern sowie Dirigieren bei Hermann Scherchen und später Musikwissenschaft bei Robert Lach, Alfred Orel und Egon Wellesz. Feiertag gehört zu den inkognito gebliebenen Musikbegabungen, die sich infolge seines frühen Tods im 2. Weltkrieg nicht mehr entfalten konnten. Drei Bände von „Musik aus dem Archiv“ legen erstmals Werke von Hans Feiertag im Druck vor: seine Fantasie für Violine und Klavier, seine 1. Violinsonate und sein Buntes Liederbuch nach Texten von Walther von der Vogelweide. Den jeweils mit einem umfangreichen Vorwort ausgestatteten Ausgaben sei eine weite Verbreitung gewünscht. Die Musikwelt darf gespannt sein, welche weiteren Schätze aus dem Musikarchiv der Künstlergilde noch zu Tage gefördert werden!

Notenreihe mit bereits 18 Bänden

  • Band 1: Hans-Georg Burghardt: Sonate für Violoncello und Klavier, op. 53 (1942).
  • Band 2: Gertrude Brückner: Sonate für Violoncello und Klavier.
  • Band 3: Paul Königer: Gardone-Lieder nach eigenen Texten für Sopran und Klavier (1924-25).
  • Band 4: Paul Königer: Lieder nach verschiedenen Dichtern für Sopran und Klavier (1932-38).
  • Band 5: Helmut Banning: Choral-Partita „O heiliger Geist, o heiliger Gott“ für Orgel.
  • Band 6: Gertrude Brückner: Tarantella für Klavier (1970).
  • Band 7: Hans Feiertag: Fantasie für Violine und Klavier (1940).
  • Band 8: Hermann Durra: Sieben Lieder nach verschiedenen Dichtern für Sopran und Klavier.
  • Band 9: Oscar von Pander: Sonata quasi fantasia für Violoncello und Klavier (1957).
  • Band 10: Ferdinand Gerhardt jun.: Gesammelte Lieder nach Gedichten von Hermann Hesse für Sopran und Klavier (1945-59).
  • Band 11: Hans Feiertag: Das bunte Liederbuch nach Texten von Walther von der Vogelweide für hohe bzw. mittlere Stimme mit Klavier (1934-41).
  • Band 12: Helmut Banning: Variationen über den Choral „Lob Gott getrost mit Singen“ für Chor (SATB) a cappella.
  • Band 13: Gertrude Brückner: Präludium für Klavier (ca. 1970).
  • Band 14: Hans-Georg Burghardt: 12 Klaviersonaten. Gesamtausgabe in zwei Bänden, Band 1: Klavierso-
  • naten Nr. 1-6.
  • Band 15: Hans-Georg Burghardt: 12 Klaviersonaten. Gesamtausgabe in zwei Bänden, Band 2: Klaviersonaten Nr. 7-12.
  • Band 16: Getrude Brückner: Trio für Flöte, Violoncello und Klavier (1963).
  • Band 17: Georg Kluß: Zwei Stücke für Violine, Violoncello und Klavier, op. 82.
  • Band 18 Hans Feiertag: 1. Sonate für Violine und Klavier (1939).

Autor: Dr. Dietmar Gräf, Fachgruppenleiter Musik.

Dieser Artikel erschien auch in der Ausgabe 2020-II des Zeitschriften-Magazins der KünstlerGilde mit Sitz in Esslingen a.N.

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Schätze aus dem Musikarchiv der Künstlergilde